Was sind die Vorteile der Seedimplantation (LDR-Brachytherapie) zur Behandlung von Prostatakrebs ?
Eine Behandlung gilt generell in der Onkologie dann als empfehlenswert, wenn sowohl eine möglichst sichere Heilung erreicht wird und gleichzeitig möglichst geringe Nebenwirkungen entstehen. Die klassischen Therapieverfahren wie Radikaloperation oder Aussenbestrahlung sind entweder effektiv oder schonend, leider aber nicht beides.
Die LDR-Brachytherapie kann beides ! Sie ist aufgrund der speziellen protrahierten Wirkweise sehr effektiv und dennoch schonend:
- Sie ist sehr wirkungsvoll, weil sie sowohl die Prostata als auch einen kleinen Sicherheitssaum um diese herum behandeln kann und die biologisch wirksame Strahlungsdosis in der Prostata deutlich höher ist als bei der Aussenbestrahlung.
- Sie ist schonend, weil sichergestellt werden kann, daß an Darm und Harnblase nicht zuviel Strahlung ankommt (viel weniger als bei einer Aussenbestrahlung) und so Nebenwirkungen gering gehalten werden.
Zudem belastet sie, anders als eine Hormon- oder Chemotherapie, das Immunsystem nicht.
Der Patient kann nach kürzester Zeit nach Hause, benötigt keine anschliessende REHA und kann sein normales Leben binnen weniger Tage gewohnt weiterführen.
Die LDR-Brachytherapie vermeidet daher auch Kosten und genügt daher dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 135 SGB V.
Welche Nebenwirkungen treten auf ?
Es gibt anfänglich ein leichtes bis mäßiges Druckgefühl beim Wasserlassen, der Harnstrahl wird schwächer und die Frequenz des Wasserlassens steigt, vor allem Nachts. Ein absoluter Harnverhalt ist selten. Die Beschwerden können einige Monate anhalten, klingen dann aber ab.
Eine Harninkontinenz ist die Ausnahme (< 1 %) und betrifft i.d.R. nur Patienten, die schon vor der Behandlung ihren Harnstrahl nicht gut kontrollieren können. Wichtig ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (> 2 Liter tgl.), die Vermeidung von Unterkühlungen und die Einnahme der vorwiegend verordneten Medikamente wie alpha-Blocker oder Antiphlogistika.
Eine aktive Wärmeanwendung wie z.B. regelmäßige heiße Vollbäder oder Saunagänge verbessern die Durchblutung des unteren Harntraktes und führen zu einer Reduktion der anfänglichen Beschwerden. Die beste Form der Wärmeanwendung ist übrigens die infrarotbasierte Ganzkörperhyperthermie, die wir aus diese Grunde sehr empfehlen.
Wann kann ich wieder Arbeiten oder in den Urlaub fahren ?
In der Regel kann der Patient nach 2-3 Tagen wieder normale Bürotätigkeiten ausüben. Urlaubsreisen sollten aus Vorsichtsgründen in den ersten 2-3 Monaten nur in medizinisch adäquat versorgte Länder erfolgen.
Wie lange dauert eine Behandlung ?
Die eigentliche Eingriff dauert zwischen 50 und 80 Minuten. Bei einer ambulanten Behandlung kann der Patient spätestens 3 Stunden später nach Hause gefahren werden. Bei einer stationären Behandlung ist eine Nacht im Krankenhaus die Regel.
Bin ich für die Brachytherapie geeignet ?
Heutzutage ist fast jeder Patient für die Brachytherapie geeignet. Je nach anfänglichem Tumorstadium wird im Arztgespräch festgelegt, ob eine alleinige LDR-Brachytherapie (fokal oder klassisch) erfolgen kann oder eine Kombination mit einer externen Bestrahlung notwendig ist.
Sollte der Patient vor der Behandlung nicht gut Wasserlassen können, dann ist das Risiko eines Harnverhaltes erhöht. In solchen Fällen kann eine Brachytherapie dennoch erfolgen, entweder in fokaler Technik oder nach einer operativen (TURP oder AQUABEAM) oder medikamentösen (Hormontherapie) Vorbehandlung.
Wir besprechen mit jedem Patienten im Einzelfall, wie das optimale Vorgehen aussieht.
In welchen Krankheitsstadien ist die Seedimplantation durchführbar ??
Mittlerweile, spätestens seit der detaillierten Metaanalyse von Grimm et al. aus 2012, ist klar, daß die Brachytherapie in allen Stadien des Prostatakarzinomes sehr gute Ergebnisse mit sich bringt.
Die Ansicht, daß die Seedimplantation nur im Frühstadium einsetzbar sei, ist veraltet, obgleich sie sich auch in aktuellen Publikationen und sogar in der S3-Leitlinie immer noch finden lässt.
Detailinformationen finden sich im Kapitel “Behandlungsergebnisse” und auf unserer Informationsseite „www.prostatakrebsinfo.de„.
Was tun bei einem Krebsrückfall ?
Krebsrückfälle in der Prostata selber sind mittlerweile sehr selten nach Brachytherapie.
Kommt es dennoch dazu, muss zunächst der genaue Tumorsitz mit geeigneten Methoden (Bildgebung) abgeklärt werden. Die Methode der Wahl ist zunächst die Durchführung eines PSMA-PET/CT. Hierdurch lässt sich die Lokalisation eines Rückfalles exakt bestimmen.
Je nach Situation kann dann entweder eine erneute Seedimplantation (in fokaler Technik) erfolgen oder z.B. auch eine sekundäre Entfernung der Prostata (sog. Salvage-Prostatektomie), welche bei erfahrenen Operateuren mittlerweile als gut durchführbar gilt.
Auch eine externe Bestrahlung, eine Hormontherapie und sogar eine fokale HIFU-Behandlung sind möglich.
Welche Narkoseform ist die Beste ?
Der Eingriff kann in Vollnarkose und Spinalanästhesie (“Rückenmarksbetäubung”) erfolgen.
Wir ziehen mittlerweile die Spinalanästhesie vor, da sie für den Patienten zu einer geringeren Gesamtbelastung führt. Sie führt jedoch oft zu relevanten Beweglichkeitseinschränkungen in den ersten postoperativen 24 Stunden, sodaß sie in der Regel stationären Behandlungen vorbehalten bleibt.
Was muss zur OP-Vorbereitung beachtet werden ??
Die Vorbereitung ist ähnlich wie bei einem Leistenbruch oder Blinddarmoperation. Ein präoperativer Laborstatus einschl. Blutgerinnung sowie ein EKG müssen vorliegen.
Wichtig ist seitens des Patienten, blutgerinnungshemmende Medikamente wie Marcumar oder Xarelto oder Plavix rechtzeitig (2-10 Tage je nach Medikament) abzusetzen, ebenso Medikamente (Metformin) gegen erhöhten Blutzucker 3 Tage vor dem Eingriff abzusetzen.
ASS 100 kann ausdrücklich weitergenommen werden, es besteht kein erhöhtes Blutungsrisiko bei einer Brachytherapie.
Werden die Kosten von der Krankenkasse übernommen ??
Bei gesetzlich versicherten Patienten hängt dies leider oft noch von der jeweiligen Krankenkasse ab. Mit vielen Kassen liegen jedoch direkt oder über die Prostatazentren unserer Partnerkrankenhäuser Vereinbarungen für Kostenübernahmen vor.
Bei Patienten im Frühstadium (Niedrig-Risiko-Prostatakrebs) ist die LDR-Brachtherapie mittlerweile immer Kassenleistung, sie ist dafür vom GBA ambulant wie stationär anerkannt.
Bei Kombinationsbehandlungen (meist für fortgeschrittene Tumore) werden die Kosten aktuell (Herbst 2023) ebenfalls von den Kassen übernommen.
Unsicherheiten bestehen aktuell (Herbst 2023) nur im günstigen Intermediären Risikostadium. Nach geltender Gesetzeslage ist die LDR-Brachytherapie auch hier eigentlich stationäre Kassenleistung, allerdings teilt der Medizinische Dienst (MD Nord) diese Sicht nicht und versucht, die Durchführung oft unter Vorwänden zu verhindern. In solchen Situationen ist entweder eine explizite Kostenübernahmeerklärung der Krankenkasse einzuholen oder die Behandlungskosten sind selber zu übernehmen.
Fragen Sie uns im Zweifel, ob Ihre Krankenkasse die Kosten übernimmt. Manchmal hilft ein richtig formulierter Kostenübernahmeantrag, manchmal hilft auch ein Krankenkassenwechsel, der für jeden gesetzlich versicherten Patienten binnen 8 Wochen möglich ist.
Seit dem 30.09.2005 liegt eine Abrechnungsempfehlung der Bundesärztekammer vor, sodaß die Privatkassen und die Beihilfe die Kosten übernehmen.