Einleitung in die Brachytherapie

Im Jahre 1983 hatte der dänische Utraschallpionier Hans Holm die Idee, für die vormals chirurgisch durchgeführte Seedimplantation des Prostatakarzinomes die damals neu entwickelte transrektale Ultraschallsonographie einzusetzen. Der amerikanische Urologe Dr. Haakon Ragde und der Radioonkologe Dr. John Blasko aus Seattle hatten 1984 davon gehört und das Verfahren adaptiert.

Die Ärzte des Seattle Prostata Institute (SPI) Dr. John Blasko, Dr. Peter Grimm und Dr. John Sylvester wie auch der in Seattle beheimatete Urologe Dr. Haakon Ragde gelten daher als die „Erfinder“ der modernen LDR-Brachytherapie.

Die ersten Behandlungen wurden 1986 als Kombinationsbehandlung nach externer Bestrahlung durchgeführt. Schnell zeigte sich aber , dass  insbesondere die alleinige einmalige Implantation von Seeds die größte Attraktivität für die Patienten aufwies.

Nachdem 1998 die ersten 10-Jahres-Ergebniss mit Heilungsraten > 90 % publiziert wurden, verbreitete sich die Methodik auch in Europa rasch.

Die Technik wurde immer ausgefeilter. Seit 1998 werden statt der davor gebräuchlichen Einzelseeds zunehmend Seedketten (sog. STRANDS) verwendet. Diese erlauben auch eine sichere Mitbehandlung der unmittelbar an die Prostata angrenzenden Gewebe (Sicherheitssaum), was die auch vorher schon geringe Rückfallrate weiter minimiert.

Unsere heute in Hamburg gebräuchliche Technik basiert auf der im Seattle Prostate Institute  verwendeten Technik, wurde aber zudem durch einige zusätzliche Elemente aus den New Yorker Brachytherapiezentren (Memorial Sloan Kettering Cancer Center und Mt. Sinai Hospital) ergänzt. Dadurch und durch unsere mittlerweile mehr als zwanzigjährige Erfahrung (seit 2000) mit der LDR-Brachytherapie können wir unseren Patienten eine sehr wirkungsvolle und sichere Behandlungstechnik anbieten.

Brachytherapeuten unter sich: John Blasko MD, John Sylvester MD und Peter Grimm MD und Dr. Jörg Zimmermann im Jahre 2007

Die Behandlung des Prostatakarzinomes wird durch die LDR-Brachytherapie immer effektiver und gleichzeitig schonender

In den letzten Jahren hat sich endgültig gezeigt, daß die klassischen Therapieverfahren (Radikaloperation, Externe Bestrahlung) nicht die seinerzeit in sie gesteckten Erwartungen erfüllen können. Es ist mit beiden Verfahren nicht gelungen, gleichzeitig hohe Heilungsraten und geringe Nebenwirkungen zu erreichen.

Am besten ist dieses Dilemma an den Ergebnissen der Radikalen Prostatektomie zu beobachten. Es gibt von einigen Kliniken wissenschaftliche Berichte über sehr gute Heilungsraten (z.B. Memorial Sloan Kettering Cancer Center, New York). Andere Kliniken berichten über hervorragende Erfolge bei der Nerverhaltung, wodurch die früher sehr hohe langfristige Inkontinenzrate nach Radikaloperation von über 50% auf 10-20 % gesenkt werden konnte. Die genaue Betrachtung der wissenschaftlichen Publikationen dieser Kliniken zeigt jedoch, daß die Erfolge bei der Verringerung von Nebenwirkungen mit einer erkennbar höheren Rate von Krebsrückfällen einhergehen. Publikationen, die nach Radikaloperation gleichzeitig über hohe Heilungsraten und über geringe Nebenwirkungen berichten, gibt es entgegen manch anderslautender Eindrücke nicht !

Bei der LDR-Brachytherapie (Seedimplantation) ist dies bei geeigneter Patientenauswahl anders: hier treffen tatsächlich eine sehr hohe Heilungsrate mit sehr wenigen Komplikationen zusammen.

In einer im Februar 2012 erschienenen Metaanalyse (Grimm et al.), also einer Zusammenfassung vieler anderer publizierter Studien, hat sich bestätigt, daß die LDR-Brachytherapie nicht nur im Frühstadium der Erkrankung , sondern auch im mittleren Stadium und sogar im lokal fortgeschrittenen Stadium deutlich häufiger zu einer langfristigen Heilung führt als die Radikaloperation oder die externe Bestrahlung. Die relative Überlegenheit der Brachytherapieverfahren ist sogar umso höher, je agressiver der Krebs schon gewachsen ist.

Die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) hat in einer Pressemitteilung vom März 2012 die Metaanalyse als wissenschaftlich seriös und glaubhaft anerkannt.

Die kanadische ASCENDE-RT Studie konnte die postulierte deutliche Überlegenheit der Brachytherapie-Kombinationsbehandlung bei Patienten mit fortgeschrittenen Prostatakarzinomen jetzt auch in randomisierter Form endgültig statistisch hochsignifikant nachweisen.

Unsere eigenen Ergebnisse stehen den internationalen Ergebnissen nicht nach und sind mittlerweile in einem Peer-Reviewed Journal publiziert (Zimmermann et al 2018)

Diese Ergebnisse basieren auf zwei bekannten therapeutischen Umständen. Zum einen gelingt mit Brachytherapie sehr einfach eine sog. „Dosiseskalation“, mehr Dosis am richtigen Ort in der Prostata beseitigt den Tumor sicherer als die rel. geringe Strahlendosis bei der externen Bestrahlung. Zum zweiten ist mit der richtigen Brachytherapietechnik (Seedketten) auch ein bis zu 10 mm weiter Sicherheitssaum um die Prostata herum mit bestrahlbar. Dies eliminiert die Gefahren, die bei einem lokal agressiveren Tumor von dessen Durchwachsen durch die Prostatakapsel entstehen.

Die LDR-Brachytherapie ist mittlerweile (2017) in den internationalen Leitlinien des NCCN (National Comprehensive Cancer Network, USA) 2016 & 2018 und den europäischen Guidelines der EAU, ESTRO und SIOG 2017 fest verankert, sowohl als Monotherapie für die Low- und Intermediate Risk Gruppe als auch in der Kombination mit der externen Bestrahlung für das fortgeschrittene Intermediär- und Hochrisikostadium. Auch in der aktuellen S3-Leitlinie (2021) ist nach langen Jahren diese Indikation endlich akzeptiert, was für die Patienten segensreich sein wird, weil endlich offiziell gute Heilungsraten ohne wesentliche Inkontinenz erreichbar sind.

Bitte verschaffen Sie sich auf den folgenden Seiten einen eigenen Überblick über die Ergebnisse und Techniken der LDR-Brachytherapie.